Die Bauabzugsteuer

Wie hoch ist die Bauabzugsteuer und wer ist der Verpflichtete

Hinweise am 07.07.2019 vom Counselor Ralph J. Schnaars, Steuerberater

Bauabzugsteuer
 
 
Inhalt
 
1 Allgemeines
2 Überblick zur Bauabzugsteuer
3 Was ist eine Bauleistung?
4 Wer ist zum Steuerabzug verpflichtet?
5 Wie hoch ist der Steuerabzug?
6 Erteilung einer Freistellungsbescheinigung
7 Ermittlung der Bemessungsgrundlage
8 Einbehaltung, Abführung und Anmeldung
9 Abrechnung mit der leistenden Person
10 Steuerschuldnerschaft bei der Umsatzsteuer
 
 
 
1 Allgemeines
 
Vielen ehrlichen Steuerzahlern ist gar nicht bewusst, dass sie eine Reihe von Pflichten beachten müssen, wenn sie Firmen mit Arbeiten rund um ihr Haus oder in ihrem Garten beauftragen. Können Sie nach Abschluss der Arbeiten beispielsweise keine ordnungsgemäße Rechnung vorlegen, drohen Ihnen als Hausbesitzer oder Mieter Sanktionen. Als Vermieter müssen Sie überdies eine besondere Steuerpflicht erfüllen: Sie müssen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Betrag in Höhe von 15 % des zu zahlenden Betrags als sogenannte „Bauabzugsteuer“ beim zuständigen Finanzamt anmelden und dort auch abführen. Sie dürfen die Rechnung daher nicht vollständig, sondern nur zu 85 % an die beauftragte Firma bezahlen, während die restlichen 15 % an das Finanzamt gehen. Tun Sie das nicht, haften Sie unter Umständen für den säumigen Betrag. Sogar ein „Hausbesuch“ vom Zoll ist möglich.
 
Nachfolgend stellen wir in diesem Beitrag die Maßnahmen im Kampf gegen Schwarzarbeit vor, die es zur Sicherung von Steueransprüchen bei Bauleistungen gibt.
 
Im Detail werden Ihnen die Voraussetzungen dieser Bauabzugsteuer erläutert. Das Merkblatt bietet Ihnen einen Überblick darüber, was Sie in diesem Zusammenhang unbedingt beachten sollten.
 
 
2 Überblick zur Bauabzugsteuer
 
Vergütungen für Bauleistungen, die im Inland gegenüber Unternehmern im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbracht werden, unterliegen der Bauabzugsteuer. Dies rührt von dem seit August 2004 geltenden Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz und insbesondere von Vorgaben im Einkommensteuergesetz (EStG) und Umsatzsteuergesetz (UStG) her. Die Regelungen zur Bauabzugsteuer finden sich in den §§ 48 ff. EStG.
 
Diese Vorschriften verpflichten zunächst auch Privatpersonen, Rechnungen, Kontoauszüge, Quittungen und andere beweiskräftige Unterlagen wie Bauverträge und Abnahmeprotokolle zwei Jahre lang in lesbarer Form aufzubewahren. Dabei beginnt die Frist erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Beleg ausgestellt wird.
 
Beispiel
Zu den im November 2015 ausgeführten Malerarbeiten wird im Februar 2016 eine Abrechnung erstellt. Diese darf der Auftraggeber, also der Wohnungseigentümer oder der Mieter, erst an Neujahr 2019 vernichten.
 
Kann er den Beleg innerhalb dieses Zeitraums nicht vorlegen, gelten die Arbeiten an seinem Haus als ein erledigter Auftrag an Privatpersonen ohne Rechnung und somit als Schwarzarbeit. Dies gilt sogar dann, wenn der Malermeister die Einnahme ordnungsgemäß versteuert hat.
 
Zwar muss der Auftraggeber nicht prüfen, ob das beauftragte Unternehmen sein Gewerbe ordnungsgemäß angemeldet hat oder pflichtgemäß Steuern zahlt. Dazu ist er in den meisten Fällen auch gar nicht in der Lage. Die ausgestellte Rechnung inklusive Firmennamen und Anschrift muss aber den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und insbesondere auf die besondere Aufbewahrungspflicht für Privatpersonen hinweisen.
 
Hinweis
Können Sie auf Anfrage von Zoll oder Finanzbeamten keinen Beleg über eine Baumaßnahme vorlegen, drohen Ihnen Bußgelder von bis zu 500 €, wobei Unwissenheit nicht vor Strafe schützt. Die Verpflichtung zur Aufbewahrung gilt auch dann, wenn der leistende Unternehmer in der Rechnung hierauf nicht hingewiesen hat.
 
Die Bauabzugsteuer gilt für alle Bauleistungen, die für einen Unternehmer im Sinne des UStG erbracht werden. Unternehmer in diesem Sinne sind aber nicht nur Gewerbetreibende, Freiberufler etc., sondern auch Privatleute, die Wohnraum vermieten. Auch solche Vermieter, die einkommensteuerlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklären, sind umsatzsteuerlich Unternehmer. Die Berührungspunkte mit der Umsatzsteuer werden in der Praxis jedoch – zu Recht – vernachlässigt, weil kaum welche bestehen: eine Vermietung von Wohnraum an Privatleute ist zwingend umsatzsteuerfrei, und ein Vorsteuerabzug besteht nicht. Trotzdem gelten sie für die Bauabzugsteuer als Unternehmer und sind damit in der Pflicht.
 
Also sind grundsätzlich auch private Vermieter verpflichtet, einen Steuerabzug von 15 % der Gegenleistung für Rechnung des leistenden Unternehmers vorzunehmen. Ausnahmen von dieser Regelung gelten nur, wenn eine gültige, vom zuständigen Finanzamt des Leistenden ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorliegt oder bestimmte Freigrenzen nicht überschritten werden.
 
 

 
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3 Was ist eine Bauleistung?
 
Unter einer Bauleistung werden alle Leistungen verstanden, die der Herstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Diese Begriffsdefinition ergibt sich unmittelbar aus dem EStG.
 
Es handelt sich bei den genannten Arbeiten nicht um eine abschließende Aufzählung. Auch andere Leistungen, die diesen typischerweise vergleichbar sind, fallen hierunter.
 
Auch der Begriff des Bauwerks ist sehr weit auszulegen. Hierzu gehören nicht nur das Gebäude, sondern auch sämtliche mit dem Erdboden verbundenen oder auf diesem ruhenden, aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellten Anlagen (also auch Brücken, Straßen, Tunnel und Versorgungsleitungen). Zum Bauwert in diesem Sinne gehört auch das Innere eines Gebäudes, so dass beispielsweise auch Sanitär- oder Elektroinstallationsarbeiten, Maler- und Tapeziererarbeiten oder Arbeiten von Maurern und Fliesenlegern als Bauleistungen gelten. Das Unternehmen, das die Bauleistung ausführt, muss nicht einmal der Baubranche angehören.
 
Was als Bauleistung in diesem Sinne zu verstehen ist, ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen und Verordnungen, die sich mit der ordnungsgemäßen Errichtung von Bauwerken befassen. Dies ist zum Beispiel die Baubetriebeverordnung (BauBetrVO). Aber auch die dort enthaltene Aufzählung ist nicht abschließend.
 
In jedem Fall gehören die Leistungen des sogenannten Bauhauptgewerbes zu den Bauleistungen in diesem Sinne.
 
Hierzu zählen beispielsweise:
 
• Einbau von Fenstern, Türen, Bodenbelägen, Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen
 
• Arbeiten an Einrichtungsgegenständen, die fest mit einem Gebäude verbunden sind, wie Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen oder Gaststätteneinrichtungen
 
• Installation von Beleuchtungs- oder Lichtwerbeanlagen
 
• Fassadenreinigung, bei der die zu reinigende Oberfläche verändert wird
 
• Werklieferung großer Maschinenanlagen, die zu ihrer Funktionsfähigkeit aufgebaut werden müssen
 
• Anliefern von Beton, wenn der liefernde Unternehmer diesen mit eigenem Personal fachgerecht verarbeitet
 
• Werklieferung von Gegenständen, die aufwendig in oder an einem Bauwerk installiert werden müssen
 
• Erdarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerks
 
• Einbau von EDV- oder Telefonanlagen, die fest mit dem Bauwerk verbunden sind
 
• Wartungsleistungen mit einem Nettowert von mehr als 500 €, wenn Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden
 
• Dachbegrünung
 
• künstlerische Leistungen an Bauwerken, die sich unmittelbar auf die Substanz auswirken
 
• Installation für einen Hausanschluss (Erdarbeiten, Mauerdurchbruch, Installation des Hausanschlusskastens und Verlegung des Kabels vom Netz des Elektrizitätsversorgungsunternehmens zum Hausanschlusskasten)
 
 
Die Annahme einer Bauleistung setzt voraus, dass sie sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirkt, also eine Substanzveränderung im Sinne einer Erweiterung, Verbesserung oder Substanzbeseitigung darstellt. Hierzu können auch Erhaltungsaufwendungen oder Wartungsarbeiten zählen, sofern sie dem Erhalt der Funktionsfähigkeit des Bauwerks dienen. Nicht zu den Bauleistungen zählen jedoch die reinen Schönheitsreparaturen, weil diese im Regelfall nicht dem Erhalt des Bauwerks dienen.
 
In den folgenden Fällen liegen nach Auffassung der Finanzverwaltung ausdrücklich keine Bauleistungen vor:
 
• Materiallieferung (beispielsweise durch Baustoffhändler oder Baumarkt)
 
• Anliefern von Beton, wenn der liefernde Unternehmer diesen nicht mit eigenem Personal fachgerecht verarbeitet
 
• ausschließlich planerische Leistungen (beispielsweise von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs-, Prüf- und Bauingenieuren)
 
• Lieferung von Wasser und Energie
 
• Zurverfügungstellung von Baugeräten
 
• Aufstellen von Material- und Bürocontainern sowie mobilen Toilettenhäusern
 
• Entsorgung von Baumaterialien
 
• Gerüstbau
 
• Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken, wenn das (Netto-)Entgelt für den einzelnen Umsatz nicht mehr als 500 € beträgt
 
• Wartungsleistungen mit einem Nettowert über 500 €, wenn keine Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden
 
• Labordienstleistungen (beispielsweise chemische Analyse von Baustoffen)
 
• reine Bauüberwachung, Prüfung von Bauabrechnungen und Durchführung von Ausschreibungen sowie Vergaben
 
• reine Wartungsarbeiten an Bauwerken oder ihren Teilen, solange nichts verändert, bearbeitet oder ausgetauscht wird
 
• bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen (beispielsweise Fensterreinigung)
 
• Lieferung von Endgeräten, selbst wenn die EDV- oder Telefonanlage fest mit dem Bauwerk verbunden ist
 
• Arbeitnehmerüberlassung, auch wenn die überlassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen
 
Hinweis
Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, dem Auftrag also das Gepräge gibt. Die Leistung fällt nur dann – insgesamt – unter die Bauabzugsteuer, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist.
 
 
 
4 Wer ist zum Steuerabzug verpflichtet?
 
Die Steuer muss der Leistungsempfänger abziehen, also derjenige, der durch die Beauftragung und den daraus folgenden geschlossenen Vertrag nach Zivilrecht berechtigt ist, die Bauleistung einzufordern, und zur Zahlung verpflichtet ist.
 
Die Verpflichtung gilt nur, sofern der Leistungsempfänger unternehmerisch tätig ist im Sinne des UStG. Für den Steuerabzug im Zusammenhang mit Bauleistungen ist das jeweilige Wohnsitzfinanzamt des bauleistenden Unternehmers zuständig. Die Verpflichtung besteht auch für Kleinunternehmer, pauschal versteuernde Land- und Forstwirte und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen.
 
Für Bauleistungen, die ausschließlich für den nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmens erbracht werden, findet der Steuerabzug nicht statt.
 
Hinweis
Unternehmer im Sinne des UStG sind Sie grundsätzlich sehr schnell, nämlich immer dann, wenn Sie eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig nachhaltig ausüben. Selbständig in diesem Sinne bedeutet nicht unternehmerisch (also gewerblich oder freiberuflich), sondern umfasst alle Tätigkeiten, bei denen Sie nicht als Angestellter weisungsabhängig auftreten. Selbständig ist damit auch der private Wohnraumvermieter, obwohl er einkommensteuerlich gesehen nicht „gewerblich“ ist.
 
 
 
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5 Wie hoch ist der Steuerabzug bei der Bauabzugsteuer?
 
Grundsätzlich ist ein Steuerabzug in Höhe von 15 % der Gegenleistung vorzunehmen. Die Gegenleistung in diesem Sinne ist das Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer, also stets der Bruttoendbetrag.
 
In bestimmten Fällen darf dagegen kein Steuerabzug vorgenommen werden:
 
• Grundsätzlich gilt, dass ein Steuerabzug dann nicht vorzunehmen ist, wenn die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr nicht mehr als 5.000 € beträgt. Wird diese Grenze jedoch überschritten, ist ein Steuerabzug vorzunehmen.
 
• Wenn der Leistungsempfänger nur umsatzsteuerfrei vermietet, dann erhöht sich die Grenze von 5.000 € auf 15.000 € (sogenannte Bagatellregelung). Diese betrifft im Wesentlichen die bereits angesprochenen privaten Vermieter, die einkommensteuerlich ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
 
Ausnahme
Vermieter, die nicht mehr als zwei Wohnungen vermieten, müssen die Vorschriften über die Bauabzugsteuer nicht anwenden. Dies dient der Vereinfachung, damit nicht jeder Vermieter automatisch und ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Bedeutung der Vermietungstätigkeit automatisch von diesen Vorschriften berührt wird.
 
• Der Leistende legt dem Leistungsempfänger eine zum Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung vor (siehe unten).
 
Hinweis
Haben Sie den Steuerabzug nicht ordnungsgemäß vorgenommen, haften Sie als Leistungsempfänger für die gar nicht oder zu niedrig abgeführte Bauabzugsteuer. Damit müssten Sie dem Finanzamt den Fehlbetrag (also bis zu 15 % der Gegenleistung) zahlen. Weil Sie bereits den Gesamtbetrag an den leistenden Unternehmer überwiesen haben, können Sie nur auf zivilrechtlichem Weg versuchen, den zu viel gezahlten Betrag, den Sie eigentlich als Bauabzugsteuer hätten abführen müssen, zurückzuverlangen. Damit tragen Sie im Ergebnis das Insolvenzrisiko des Unternehmers, denn wenn er Ihnen die Beträge nicht zurückerstatten kann, läuft Ihr Erstattungsanspruch wirtschaftlich ins Leere.
 
Haben Sie den Steuerabzug vorgenommen, obwohl der leistende Unternehmer Ihnen eine gültige Freistellungsbescheinigung vorgelegt hat, riskieren Sie, dass der Unternehmer Sie vor dem Zivilgericht auf Auszahlung des Betrags verklagt.
 
 
 
6 Erteilung einer Freistellungsbescheinigung
 
Der die Bauleistung erbringende Unternehmer kann bei seinem Finanzamt eine sogenannte „Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug gem. § 48b Abs. 1 Satz 1 EStG“ (formlos) beantragen. Aufgrund dieser muss dann kein Steuerabzug vorgenommen werden. Dabei ist Folgendes zu beachten:
 
• Wenn der Wohnsitz, Sitz, die Geschäftsleitung oder der gewöhnliche Aufenthalt des Unternehmers sich nicht im Inland befindet, wird eine Freistellungsbescheinigung nur erteilt, wenn ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist und der Steueranspruch nicht gefährdet erscheint. Es muss also sichergestellt sein, dass Sie ihre steuerlichen Pflichten im Inland ordnungsgemäß erfüllen und hierzu beim Finanzamt auch registriert sind.
 
• Dagegen erteilt das Finanzamt dann keine Freistellungsbescheinigung, wenn beispielsweise nachhaltig Steuerrückstände bestehen, unzutreffende Angaben in Steueranmeldungen oder -erklärungen festgestellt wurden oder der bauleistende Unternehmer diese wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben hat. In diesem Fall kann er gegen die Entscheidung des Finanzamts Einspruch einlegen und Klage erheben, wenn das Finanzamt über den Einspruch negativ entscheidet.
 
• Hat das Finanzamt keine Versagungsgründe festgestellt, erteilt es die Freistellungsbescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck. Diese gilt dann – sofern sie nicht auf bestimmte Zeit erteilt wurde – im Regelfall für maximal drei Jahre.
 
Hinweis
Widerruft das Finanzamt eine Freistellungsbescheinigung für die Zukunft, so ist sie für Gegenleistungen, die nach diesem Zeitpunkt erbracht werden, nicht mehr gültig.
 
• Ist die Freistellungsbescheinigung auf einen bestimmten Auftrag beschränkt, wird sie dem Leistungsempfänger vom bauleistenden Unternehmer ausgehändigt. Anderenfalls genügt es, dem Leistungsempfänger eine Kopie auszuhändigen. Es ist aus Sicht des Leistungsempfängers auch empfehlenswert, eine Kopie dieser Bescheinigung zu den Unterlagen zu nehmen.
 
Hinweis
Die Freistellungsbescheinigung enthält folgende Angaben:
 
• Name, Anschrift und Steuernummer des Leistenden,
• Geltungsdauer der Bescheinigung,
• Umfang der Freistellung sowie der Leistungsempfänger, wenn sie nur für bestimmte Bauleistungen gilt (siehe oben),
und
• ausstellendes Finanzamt.
 
Die Freistellungsbescheinigung „nach § 48 EStG“ wurde in der Vergangenheit auch für andere, umsatzsteuerliche Zwecke verwendet. Hier hat sich durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) einiges geändert. Die Freistellungsbescheinigung für Zwecke der Bauabzugsteuer hat heute umsatzsteuerlich keine Bedeutung mehr. Zur Umsatzsteuer und zur Problematik des Nachweises, dass die Umsatzsteuer für nachhaltige Bauleistungen durch den Leistungsempfänger einbehalten und abgeführt werden muss (sogenanntes Reverse-Charge-Verfahren), siehe Punkt 10.
 
 
 
7 Ermittlung der Bemessungsgrundlage
 
Bemessungsgrundlage für die Bauabzugsteuer ist die Gegenleistung, also das Entgelt für die Bauleistung zuzüglich der Umsatzsteuer. Entgelt ist alles das, was der Leistungsempfänger tatsächlich aufwendet, um die Bauleistung zu erhalten. Ob das Entgelt marktgerecht oder zu hoch bzw. zu niedrig ist, ist grundsätzlich nicht relevant. Hierzu zählen auch Beträge, die aus Gewährleistungsgründen zurückbehalten werden, sowie Abschlagszahlungen.
 
Hinweis
Nachträgliche Minderungen wie Skonti oder Boni wirken sich auf die Bemessungsgrundlage aus.
 
Es kommt nicht auf die Vergabe des Bauauftrags, sondern allein auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Die gesetzliche Verpflichtung zum Steuerabzug entsteht nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem gezahlt wird. Dies bedeutet, dass bei Zahlung einer Abschlags-, Vorschuss- oder Schlussrechnung ein Betrag von 15 % einzubehalten ist, also nicht an den leistenden Unternehmer gezahlt werden darf. Einer Zahlung gleichgestellt ist auch die Aufrechnung mit Gegenansprüchen oder die Hingabe von anderen Gegenständen statt einer Geldzahlung (Tausch).
 
Der Leistungsempfänger muss bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Zahlungsmonats eine Steueranmeldung in Form eines amtlichen Vordrucks abgeben und den Betrag an die Finanzkasse überweisen. In diesem Vordruck muss er die Bauabzugsteuer selbst berechnen. Es handelt sich somit verfahrensrechtlich um eine eigene Steuererklärung des Leistungsempfängers.
 
Beispiel
Der Bauunternehmer B erteilt am 01.10.2018 dem Leistungsempfänger L die folgende Rechnung:
 
Auftragssumme netto 200.000 €
Umsatzsteuer bei Steuersatz von 19 % +  38.000 €
Bruttobetrag 238.000 €
 
Hieraus errechnet sich die folgende Bauabzugsteuer:
 
15 % von 238.000 € (Bruttobetrag = Gegenleistung) =  35.700 €
 
L muss B 202.300 € (238.000 € abzüglich der Bauabzugsteuer von 35.700 €) überweisen.
Die einbehaltene Bauabzugsteuer muss L an das Finanzamt zahlen. Über die Zahlung an das Finanzamt muss L dem B eine Abrechnung zukommen lassen.
 
Zuständig für die Anmeldung des L ist das Finanzamt, bei dem der leistende Unternehmer B steuerlich geführt wird. Der Leistungsempfänger darf also nicht bei „seinem eigenen“ Finanzamt die Erklärung abgeben, sondern muss die Bauabzugsteuer bei dem für den Leistenden zuständigen Finanzamt für dessen Rechnung abführen. L muss daher die Steuererklärung bis zum zehnten Tag nach Ablauf des Zahlungsmonats bei dem für B zuständigen Finanzamt abgeben.
 
 
 
8 Einbehaltung, Abführung und Anmeldung
 
Der Leistungsempfänger muss die innerhalb eines Kalendermonats einbehaltenen Bauabzugsteuern unter Angabe des Verwendungszwecks jeweils bis zum zehnten Tag des Folgemonats an das Finanzamt (Finanzkasse) abführen, das für die Besteuerung des Einkommens des leistenden Unternehmers zuständig ist.
 
Hinweis
Die abzuführende Bauabzugsteuer wird vom Finanzamt nicht gestundet.
 
Auch muss der Leistungsempfänger bis zum zehnten Tag des Folgemonats eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck für die Bauabzugsteuer beim Finanzamt einreichen. In dieser muss er die entsprechende Bauabzugsteuer für den jeweiligen Kalendermonat selbst berechnen – deshalb wird diese Steuererklärung auch als „Steueranmeldung“ bezeichnet. Hier ist das für das Bauunternehmen zuständige Finanzamt zuständig, in der Regel die Behörde am Sitz der Betriebsstätte.
 
Bei ausländischen Bauunternehmen ist es komplizierter, denn je nach Herkunftsland gibt es ein anderes maßgebliches Finanzamt. So ist beispielsweise für Belgien Trier zuständig, für Griechenland Berlin-Neukölln-Nord und für Dänemark Flensburg. Dies ergibt sich aus der „Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für die Umsatzsteuer im Ausland ansässiger Unternehmer“ – oder kurz „UStZustV“. Im Zweifel sollten Sie auf Ihr zuständiges Finanzamt oder auf uns zukommen.
 
 
Im Ergebnis muss ein Vermieter als Leistungsempfänger für jedes Unternehmen, das an einem seiner Gebäude Bauleistungen erbringt, eine eigene Anmeldung abgeben, und dies meist auch noch an unterschiedlichen Orten. Daher ist es für einen Vermieter ratsam, von den beauftragten bauleistenden Unternehmen die Vorlage einer gültigen Freistellungsbescheinigung zu verlangen. Ansonsten steht er in der Pflicht.
 
 
 
9 Abrechnung mit der leistenden Person
 
Der Leistungsempfänger ist verpflichtet, mit dem leistenden Unternehmen über die einzubehaltende Bauabzugsteuer abzurechnen. Hierzu muss er der leistenden Person einen Abrechnungsbeleg ausstellen, der folgende Angaben beinhaltet:
 
• Name und Anschrift des leistenden Unternehmens,
 
• Rechnungsbetrag, Rechnungsdatum und Zahlungstag,
 
• Höhe des Steuerabzugs,
 
• Finanzamt, bei dem die Bauabzugsteuer angemeldet worden ist.
 
Hinweis
Es genügt, wenn der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmen zum Zweck der Abrechnung den dafür vorgesehenen Durchschlag der Steueranmeldung überlässt.
 
Die einbehaltene und angemeldete Bauabzugsteuer rechnet das Finanzamt dem Leistungsempfänger auf die Steuer an, die er entrichten muss.
 
Hinweis
Um in den Genuss der Anrechnung zu kommen, müssen Sie als bauleistender Unternehmer dem Finanzamt auf dessen Verlangen einen erteilten Abrechnungsbeleg vorlegen. In folgender Reihenfolge wird die Abrechnung vorgenommen:
 
• auf Ihre einbehaltene und angemeldete Lohnsteuer,
 
• auf Einkommensteuervorauszahlungen, die Sie entrichten müssen,
 
• auf die Einkommensteuer des Besteuerungs- oder Veranlagungszeitraums, in dem die Leistung erbracht worden ist,
 
• auf die Bauabzugsteuer des Leistenden selbst.
 
Wenn nach dieser Anrechnung noch Abzugsbeträge verbleiben, werden sie Ihnen erstattet. Auf Antrag kann das Finanzamt eine Erstattung der vom Leistungsempfänger gezahlten Bauabzugsteuer vornehmen, wenn Sie nicht zur Abgabe von Lohnsteueranmeldungen verpflichtet sind und eine Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer nicht in Betracht kommt.
 
 
 
10 Steuerschuldnerschaft bei der Umsatzsteuer
 
Die Freistellungsbescheinigung war bis Mitte Februar 2014 auch noch für umsatzsteuerliche Zwecke bedeutsam. Dann veröffentlichte der BFH eine für alle Beteiligten (Finanzverwaltung und praktische Rechtsanwender) folgenschwere Entscheidung zum Übergang der Steuerschuldnerschaft:
 
Nach Umsatzsteuerrecht musste der Leistungsempfänger für Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen, also für „Bauleistungen“ im hier dargestellten Sinne, das sogenannte Verfahren zum Übergang der Steuerschuldnerschaft – auch „Reverse-Charge-Verfahren“ genannt – beachten. Nach diesem Verfahren wurde nicht, wie im UStG grundsätzlich vorgesehen, der leistende Unternehmer zur Anmeldung und Zahlung der Umsatzsteuer verpflichtet, sondern vielmehr ausnahmsweise der Leistungsempfänger. Die Steuerschuldnerschaft ging damit auf den Leistungsempfänger über. Diese Rechtsfolge trat jedoch nur dann ein, wenn der Leistungsempfänger selbst Unternehmer im Sinne des UStG war und selbst nachhaltig Bauleistungen in diesem Sinne erbrachte.
 
In diesem Zusammenhang war die Freistellungsbescheinigung für Bauleistungen nach § 48b EStG von besonderer Bedeutung. Die Finanzverwaltung ging in der Vergangenheit davon aus, dass der Leistungsempfänger selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt, wenn er dem leistenden Unternehmer im Zeitpunkt der Ausführung der Bauleistung eine gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegte.
 
Dieser Verwaltungsauffassung, die eine höchst praxisrelevante Vereinfachungsregel darstellte, wurde durch die Rechtsprechung des BFH die Grundlage entzogen. Der BFH vertrat die Auffassung, dass es für eine derartige Vereinfachungsregel keine gesetzliche Grundlage gab.
 
Daraufhin wurden die Vorschriften für den Übergang der Steuerschuldnerschaft im UStG vollständig überarbeitet.
 
Nunmehr vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass umsatzsteuerlich nur dann von nachhaltigen Bauleistungen auszugehen ist, wenn das Finanzamt dem Leistungsempfänger-Unternehmer eine besondere Bescheinigung erteilt. Dies bedeutet, dass die Steuerschuldnerschaft für die Umsatzsteuer nur dann auf das Leistungsempfänger-Unternehmen übergeht, wenn dieses:
 
1. ebenfalls als Unternehmen nachhaltige Bauleistungen erbringt
und
2. die Nachhaltigkeit durch eine gesonderte Bescheinigung des Heimatfinanzamts bestätigt.
 
Die „Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug bei Bauleistungen gem. § 48b Abs. 1 Satz 1 EStG“ hat damit für umsatzsteuerliche Zwecke keine Bedeutung mehr und darf nicht mehr verwendet werden.
 
 
 
Beachten Sie  bitte den Rechtsstand dieses Textes:  07.07.2019.
 
Bevor Sie also Handlungen oder Gestaltungen mit steuerlichen Auswirkungen vornehmen, muss zur Sicherheit erst geklärt werden, ob sich die Rahmenbedingungen durch Gesetzgebung oder Rechtsprechung geändert haben.
 
Zudem geben wir zu bedenken, dass wir in dem vorstehenden Text nur einige unserer Gedanken niedergeschrieben haben, die weder umfassend noch abschließend die Thematik für jeden speziellen Einzelfall besprechen. Ob weitere Vorschriften zu berücksichtigen sind oder es zu Ihrem eigenen Sachverhalt zusätzliche Möglichkeiten gibt, darf nicht pauschal beantwortet werden, sondern sollte unter Berücksichtigung Ihrer Lebenssituation und Ihres Umfeldes genau beleuchtet werden.
 
 
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