Empfehlung und Warnung zu Gesetzesvorhaben
Auskunftspflichten und Regelungen für Amazon, Google und Co. betreffen uns alle
Gedanken am 10.08.2019 von Counselor Ralph J. Schnaars, Steuerberater
Aufgrund weltweit geplanter und hier speziell auch europäischer Vorschriften, steht zu befürchten, dass auch eine nationale Regelung Gesetz werden wird,
die Jeden dazu verpflichtet, sogenannte Gestaltungsmodelle der Finanzbehörde mitzuteilen.
Es steht zu befürchten, dass durch die deutsche Regelungsgründlichkeit dann nicht nur
Gesellschaftsformen, Kundenbeziehungen und Auslandsbeziehungen sondern auch z.B. das Arbeitszimmer eines Lehrers unter den Gestaltungsbegriff fallen könnten.
Wir empfehlen - angesichts dieser Zukunftserwartungen - und auch wegen der zunehmenden Digitalisierung der Finanzverwaltung, die durch die gewonnene Zeit des einzelnen Bearbeiters zu mehr Prüfungen führt, sich eingehend mit der eigenen Firmenstruktur, den internen sowie externen Abläufen im Unternehmen und der prüffähigen Erstellung der Buchhaltung zu beschäftigen und sich hierzu gegebenenfalls fachkundigen Rat einzuholen.
Schon in den Jahren 2002 bis 2005 hatte der Gesetzgeber versucht, in der Abgabenordnung zu verankern, dass Gestaltungen vom Finanzamt nur anzuerkennen seien, wenn das Finanzamt vorher befragt worden wäre und diese Gestaltung für steuerlich unbedenklich gehalten hätte.
Viele Steuerberater hatten sich damals schon auf Fragen des Finanzamtes vorbereitet, die in etwa wie folgt hätten lauten können:
"Warum brauchen Sie eine GmbH für Ihr Fitnessstudio?"
"Ihre Werbeagentur kann doch auch in Form einer Einzelunternehmung geführt werden, wozu haben Sie eine GmbH & Co. KG gegründet?"
"Wieso hat Ihre Firma den Sitz in Klein-Kleckersdorf, Sie hätten doch auch in München Räume finden können?"
"Warum gibt es mit Ihrem Geldgeber eine stille Gesellschaft, Sie könnten ihn doch auch normal beteiligen?"
"Warum sollen die Geschäfte der Sparte X von einer Tochtergesellschaft gemacht werden, warum werden die Geschäfte nicht von Ihrer Hauptgesellschaft geführt?"
"Es ist doch sinnvoller, alle Tätigkeiten in einer Gesellschaft abzuwickeln, wozu brauchen Sie so viele Tochtergesellschaften?"
"Zahlungen von Lizenzgebühren oder Darlehenszinsen ins Ausland müssen ja nicht sein. Sie sind ja sogar an der Gesellschaft im Ausland beteiligt?"
"Sie haben ein Arbeitszimmer zu Hause. Warum arbeiten Sie nicht in der Firma?"
"Sie veranstalten Seminare, Meetings, Sitzungen im Hotel und nicht in Ihrer Firma. Hätten Sie diese Zusatzkosten nicht sparen können?"
"Sie haben extra eine Gesellschaft im Ausland gegründet. Um den Auftrag in Afrika abzuwickeln, hätte es aber eigentlich keiner neuen Tochtergesellschaft bedurft, oder?"
Dieses Gesetzesvorhaben hat damals nicht die Mehrheit des Bundestages gefunden und so sind Unternehmer noch weitgehend frei in ihren Entscheidungen, wie sie ihr Geschäft führen und welche Verträge sie eingehen.
Derzeit – im Rahmen von Überlegungen der Besteuerung der Internet-Konzerne - redet die Gesetzgebung nur von Mitteilungspflichten zu „Gestaltungen“.
Doch stellt sich dazu gleich die Frage:
Wenn das, was als Gestaltung gesehen wird, vom Finanzamt nicht akzeptiert wird, welche Folgen hat dieses dann?
Unternehmer und Unternehmen sollten sich mit diesen Gedanken beschäftigen und ihre Organisationsstruktur und die betriebsinternen Abläufe dahingehend überprüfen, ob das Finanzamt "Gestaltungsmissbrauch" behaupten kann.
Damit es gar nicht erst zu so einem Vorwurf kommen kann, sollten alle Betriebsstrukturen auch gegenüber dem Finanzamt offen dargelegt und schriftlich gezeigt werden können. Solange der Sinn der Organisationsstruktur erkennbar nicht aus Steuerminderung besteht, wird auch die Finanzverwaltung dieser Gestaltung folgen können.
Heute bleibt nur abzuwarten, wie der Gesetzgebungsprozess bezüglich der Mitteilungspflichten in Deutschland endet. Allerdings kann sich heute jeder Unternehmer schon darauf einstellen, dass seine Organisation und Firmenstruktur vermehrt hinterfragt werden wird.
Wir halten Sie hier auf dem Laufenden.
Empfehlenswert ist allerdings schon heute, die Antworten zu folgenden Fragen vorzubereiten und gegebenenfalls sogar schriftlich niederzulegen, warum Unternehmensstrukturen und Abläufe nicht nur aus steuerlichen Gründen gemacht wurden:
- Warum haben Sie eine Tochtergesellschaft im Ausland?
- Warum haben Sie nicht nur eine GmbH?
- Wieso bezahlen Sie für die Vermittlung von Geschäften Provisionen?
- Weswegen bekommt der Geschäftsführer nur in einer der Gesellschaften Gehalt?
- Warum gibt es einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag mit einer Verlustgesellschaft?
- Warum haben Sie die gemeinnützige Tätigkeit von der gewerblichen Tätigkeit getrennt?
- Wieso ist das Betriebsgrundstück nicht Eigentum der Hauptgesellschaft?
- Welche Gründe gibt es für die Lizenzzahlungen an die ausländische Gesellschaft?
Dieses sind nur beispielhaft einige Fragen, die auftauchen könnten. Insgesamt gibt es unzählige Firmen- und Sachverhalts-Konstellationen, zu denen das Finanzamt Fragen stellen kann, warum in der Form gestaltet wurde, wie gestaltet wurde.
Die besten Antworten, sind dann immer die Antworten, die deutlich machen, dass keinerlei oder nur untergeordnete steuerliche Gründe vorlagen und vorliegen, genau diese Konstellation zu wählen.
Beachten Sie bitte den Rechtsstand dieses Textes: 10.08.2019.
Bevor Sie also Handlungen oder Gestaltungen mit steuerlichen Auswirkungen vornehmen, muss zur Sicherheit erst geklärt werden, ob sich die Rahmenbedingungen durch Gesetzgebung oder Rechtsprechung geändert haben.
Zudem geben wir zu bedenken, dass wir in dem vorstehenden Text nur einige unserer Gedanken niedergeschrieben haben, die weder umfassend noch abschließend die Thematik für jeden speziellen Einzelfall besprechen. Ob weitere Vorschriften zu berücksichtigen sind oder es zu Ihrem eigenen Sachverhalt zusätzliche Möglichkeiten gibt, darf nicht pauschal beantwortet werden, sondern sollte unter Berücksichtigung Ihrer Lebenssituation und Ihres Umfeldes genau beleuchtet werden.
Sofern Sie hierzu Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an oder klären Sie die Fragen in einem unserer nächsten Beratungstermine.
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