Private Veräußerungsgeschäfte
Welche privaten Verkäufe sind in der Einkommensteuer steuerpflichtig
Hinweise am 03.10.2019 vom Counselor Ralph J. Schnaars, Steuerberater
Sie müssen nicht unbedingt Unternehmer oder Handelsgewerbetreibender sein, damit das Finanzamt Steuern verlangen kann, wenn sie etwas verkaufen.
Speziell für Privatpersonen sieht das Einkommensteuergesetz (EStG) vor, dass auf bestimmte Veräußerungsgeschäfte Steuern zu zahlen sind.
Das ist gerade in der aktuellen Zeit von Interesse und wichtig, da die Niedrigzinsphase den meisten Sachwerten wie Immobilien und Oldtimern, aber auch Wein und Sammlerobjekten eine Blütezeit beschert hat. Aufgrund der stark gestiegenen Preise überlegen viele Eigentümer, ihre Investitionsobjekte zu versilbern.
Dabei unterscheidet das Gesetz nicht, ob Sie Spekulant sind und bewusst mit einer Preissteigerung gerechnet haben oder ob Sie als „normaler Häuslebauer“ von der Preissteigerung profitieren: Die Absicht spielt keine Rolle.
Gerade vor diesem Hintergrund sollten Sie vor einer Veräußerung prüfen, ob es sich um ein „privates Veräußerungsgeschäft“ im Sinne des EStG handelt.
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Was sind private Veräußerungsgeschäfte?
Das Gesetz nennt drei Arten steuerbarer Veräußerungsgeschäfte.
Immobilien
Zu den steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäften zählt der Verkauf eines Grundstücks, wenn Sie dieses innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor der Veräußerung angeschafft haben. Dies gilt unabhängig davon, ob das Grundstück bebaut oder unbebaut ist.
Sollten Sie innerhalb der zehn Jahre ein Haus darauf errichtet haben, ist auch der auf das Haus entfallende Veräußerungspreis zu versteuern.
Die Zehnjahresfrist bemisst sich dabei an den Daten der Notarverträge (Anschaffung und Veräußerung).
Hinweis
Neben Grundstücken fallen auch „grundstücksgleiche Rechte“ unter diese Regelung. Dazu zählen insbesondere das Erbbaurecht, das Mineralgewinnungsrecht sowie das Wohnungs- und Teileigentum.
Beispiel 1
Mit Notarvertrag vom 04.06.2008 erwirbt Frau Müller ein noch zu errichtendes Haus mitsamt dem dazugehörigen Grundstück im Rahmen eines Bauträgervertrags zur Vermietung an fremde Dritte. Fertigstellung und Übergabe erfolgen am 01.03.2009. Mit Notarvertrag vom 01.07.2018 veräußert Frau Müller das Haus mitsamt Grundstück an den Mieter.
Lösung
Die Veräußerung erfolgt außerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren. Eine Besteuerung findet nicht statt.
Die Veräußerung wird ausnahmsweise nicht versteuert, wenn Sie die Immobilie in einem bestimmten Zeitraum ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken nutzen bzw. genutzt haben.
Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich ob sich diese Nutzung erstreckt über
• den ganzen Zeitraum zwischen Fertigstellung bzw. Anschaffung und Veräußerung
oder
• das Jahr der Veräußerung und die beiden vorangegangenen Kalenderjahre.
Der erste Fall könnte insbesondere auftreten, wenn Ihnen die Immobilie nur recht kurz gehört hat, etwa weil Sie aus beruflichen Gründen umdisponieren müssen.
Der zweite Fall bietet Gestaltungsspielraum und ermöglicht es, (vor der Eigennutzung) vermietete Immobilien vor Ablauf von zehn Jahren steuerfrei zu veräußern. Dabei muss sich die Nutzung keineswegs auf drei ganze Kalenderjahre beziehen.
Beispiel 2
In Abwandlung von Beispiel 1 möchte Frau Müller die fremdvermietete Immobilie zum 31.01.2018 veräußern (beabsichtigtes Datum des Notarvertrags). Damit die Veräußerung steuerfrei ist, kündigt sie dem Mieter und zieht zum 01.12.2016 selbst in das Objekt.
Lösung
Frau Müller verkauft das Objekt zwar innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung, jedoch hat sie die Immobilie im Jahr der Veräußerung (2018) und in den beiden Kalenderjahren davor (2016 und 2017) zu eigenen Wohnzwecken genutzt – dass die Nutzung in den Jahren 2016 und 2018 kein vollständiges Jahr umfasst, ist unerheblich.
Bezüglich der Frage, was „ausschließliche“ Nutzung zu Wohnzwecken bedeutet, sind sich Finanzverwaltung und Finanzgerichte uneinig: Während die Finanzämter das Vorhandensein eines Arbeitszimmers als schädlich betrachten (also die Ausnahmeregelung dann nicht gelten lassen), gibt es in der Rechtsprechung Tendenzen, wonach ein Arbeitszimmer der ausschließlichen Nutzung zu Wohnzwecken nicht entgegensteht.
Klarheit besteht hingegen bei unbebauten Grundstücken: Diese können grundsätzlich nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden, weshalb dort die Ausnahmeregelung (im Normalfall) nicht greift.
Falls Sie eine (fremdgenutzte) Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung veräußern (und nicht von der Ausnahmeregelung Gebrauch machen können), bemisst sich der dann zu versteuernde Gewinn nicht einfach als Differenz von Veräußerungs- und Anschaffungspreis bzw. den Herstellungskosten: Vom Anschaffungspreis bzw. von den Herstellungskosten des Gebäudes ist davor die zwischenzeitlich vorgenommene Abschreibung (meist 2 % pro Jahr) abzuziehen, sofern sie sich einkommensmindernd ausgewirkt hat.
Beispiel 3
Herr Meier kauft im Jahr 2011 ein unbebautes Grundstück für 100.000 € inklusive Anschaffungsnebenkosten. Er errichtet darauf ein Wohnhaus zu Herstellungskosten von 200.000 €. Das Gebäude wird ab der Fertigstellung am 01.07.2012 vermietet. Zum 31.12.2016 wird die Immobilie zu einem Gesamtpreis von 400.000 € verkauft.
Lösung
Die Herstellungskosten sind zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns wie folgt zu mindern:
Herstellungskosten 200.000 €
abzüglich Abschreibung 2012 bis 2016
(200.000 € × 2 % × 4,5 Jahre ergibt) – 18.000 €
Fortgeführte Herstellungskosten 182.000 €
Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn beträgt somit 118.000 € (errechnet aus 400.000 € – 100.000 € – 182.000 €).
In die Ermittlung des Gewinns sind neben den Anschaffungsnebenkosten auch Werbungskosten, etwa für Anzeigen oder Makler, einzubeziehen.
Andere Wirtschaftsgüter
Steuerbar ist auch die Veräußerung „anderer“ Wirtschaftsgüter als Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte. Für diese gilt eine Spekulationsfrist von nur einem Jahr. Sie erhöht sich allerdings auf zehn Jahre, wenn mit dem betreffenden Wirtschaftsgut zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt wurden.
Beispiel
Frau Schmidt vermietet ihren Oldtimer gelegentlich an eine Fernsehproduktionsfirma für Drehzwecke.
Lösung
Durch die (als sonstige Einkünfte zu versteuernden) Vermietungseinkünfte verlängert sich die Spekulationsfrist für den Oldtimer auf zehn Jahre.
Nicht völlig klar ist jedoch, welche Wirtschaftsgüter hierunter fallen:
• Per Gesetz ausgeschlossen sind jedenfalls „Gegenstände des täglichen Gebrauchs“, da diese in der Regel innerhalb eines Jahres einen Wertverlust erleiden. Dazu zählen alle Haushaltsgegenstände, Möbel oder auch übliche Pkw.
• In dem Begriff „andere Wirtschaftsgüter“ eingeschlossen sind aber Wertgegenstände wie Gold- und Silberbarren, Münzen, Kunstgegenstände, Antiquitäten, Oldtimer, Briefmarkensammlungen und Devisen, insbesondere virtuelle Währungen.
Internetplattformen sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich dazu verpflichtet, mit der Steuerfahndung zusammenzuarbeiten. Das Entdeckungsrisiko ist daher recht hoch.
Leerverkäufe
Ein Leerverkauf (englisch short sale) liegt vor, wenn die Veräußerung eines Wirtschaftsguts vor dessen Erwerb erfolgt. Im Bank- und Finanzwesen sind solche Transaktionen beispielsweise bei Devisen, Wertpapieren und Rohstoffen nicht unüblich. Bei derartigen Geschäften gibt es keine bzw. eine unendliche Spekulationsfrist, Gewinne sind also stets zu versteuern.
Hinweis
Gewinne aus der (regulären) Veräußerung von Wertpapieren wie Aktien oder Fondsanteilen gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, für die gesonderte Regelungen gelten, beispielsweise die Abgeltungsteuer und der Sparerfreibetrag. Eine Verlustverrechnung von Leerverkäufen mit Aktiengewinnen ist daher nicht möglich.
Wie eine Verlustverrechnung dennoch möglich sein kann, erklären wir an anderer Stelle.
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Freigrenze von 600 €
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften in einem Kalenderjahr sind nicht zu versteuern, wenn deren Summe kleiner ist als 600 €.
Während diese Freigrenze bei Grundstücksgeschäften eher von untergeordneter Bedeutung ist, hat sie bei anderen Wirtschaftsgütern und Leerverkäufen eine größere Relevanz.
Dabei ist es essentiell zu verstehen, was der Unterschied zwischen Freigrenze und Freibetrag ist:
• Ein Freibetrag kann stets abgezogen werden, das heißt, er bleibt immer steuerfrei, egal wie hoch die Einkünfte sind. Bekannte Beispiele für steuerliche Freibeträge sind vor allem der Grundfreibetrag, der Sparerfreibetrag und auch der Kinderfreibetrag.
• Bei einer Freigrenze bleiben die Einkünfte nur steuerfrei, wenn sie insgesamt unter der Grenze liegen. Überschreiten sie die Grenze, so ist der gesamte Betrag zu versteuern und nicht nur der Teil, der über der Grenze liegt.
Beispiel 1
Herr Fischer kauft am 15.02.2018 einen Satz Goldmünzen für 1.200 €. Am 14.09.2018 verkauft er diesen für 1.650 € weiter.
Lösung
Der Gewinn von 450 € ist steuerfrei, da er unterhalb der Freigrenze liegt.
Beispiel 2
In Abwandlung von Beispiel 1 verkauft Herr Fischer die Goldmünzen für 1.810 €.
Lösung
Der Veräußerungsgewinn von 610 € ist in voller Höhe, das heißt ab dem ersten Euro, steuerbar und steuerpflichtig.
Abgrenzung vom Gewerbebetrieb
Erlöse aus Veräußerungsgeschäften werden gemäß einer bestimmten Rangfolge den verschiedenen Einkunftsarten zugewiesen.
So gehören etwa Veräußerungen, bei denen die Grenzen der Vermögensverwaltung überschritten sind, nicht zu den privaten Veräußerungsgeschäften, sondern zu einem Gewerbebetrieb. Die Grenze zwischen privaten Veräußerungsgeschäften und Gewerbebetrieb sind dabei fließend.
Von großer Bedeutung ist aber die Abgrenzung von privaten Veräußerungsgeschäften zum sogenannten gewerblichen Grundstückshandel, der in der Regel vorliegt, wenn innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mehr als drei Immobilien ge- und verkauft werden.
Bedeutend ist die Unterscheidung aufgrund der weitreichenden Konsequenzen:
Bei einem gewerblichen Grundstückshandel gibt es keine Ausnahme für privat genutzte Immobilien, denn bei Umwidmung ist eine „Versteuerung eines Entnahmegewinns“ fällig.
Zudem können Häuser nicht abgeschrieben werden und der Gewinn ist neben der Einkommensteuer auch der Gewerbesteuer zu unterwerfen.
Hinweis
Ein Gewerbebetrieb kommt aber nicht nur beim Verkauf von Grundstücken in Frage: Jemand, der ständig bei einschlägigen Internetplattformen neue und gebrauchte Gegenstände oder Sammlerobjekte kauft, um sie kurze Zeit später wieder zu verkaufen, ist ein klassischer Gewerbetreibender.
Verrechnung von Verlusten
Grundsatz
„Wer die Pflicht hat, Steuern zu zahlen, hat auch das Recht, Steuern zu sparen“, sagte einst der Bundesgerichtshof. So liegt es nahe, den Verlust bei einem privaten Veräußerungsgeschäft in der Steuererklärung mit anderen (aber positiven) Einkünften zu verrechnen.
Gerade dies ist jedoch ausgeschlossen: Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften dürfen nicht mit anderen Einkünften, etwa aus nichtselbständiger Arbeit oder Vermietung und Verpachtung, verrechnet werden.
Solche Verluste dürfen nur mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften im selben Jahr verrechnet werden. So kann beispielsweise ein Verlust aus Leerverkäufen in einem Jahr mit einem Gewinn aus der Veräußerung einer Briefmarkensammlung im selben Jahr verrechnet werden. Reichen die in einem Jahr erzielten Gewinne nicht zur Kompensation der Verluste aus, wird der verbleibende Verlust zunächst in das Vorjahr zurückgetragen und dort mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet oder – falls auch dies nicht ausreichen sollte – als „Verlustvortrag“ festgestellt.
Doch auch ein solcher Verlustvortrag ist in künftigen Jahren ausschließlich mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechenbar.
Beispiel
Frau Jäger hat im Jahr 2015 aus der Veräußerung eines Oldtimers einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 4.000 € und im Jahr 2016 aus der Veräußerung eines Grundstücks einen steuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 8.000 € erwirtschaftet. Beide Gewinne sind in den jeweiligen Steuerbescheiden bereits berücksichtigt. Im Jahr 2017 erleidet Frau Jäger einen Verlust aus Leerverkäufen in Höhe von 20.000 €.
Lösung
In Höhe von 8.000 € erfolgt eine Verrechnung des Verlustes aus dem Jahr 2017 mit dem Gewinn aus dem Jahr 2016. Dazu wird der Einkommensteuerbescheid 2016 geändert. Der verbleibende Verlust in Höhe von 12.000 € wird als Verlustvortrag gesondert festgestellt und steht – zeitlich unbefristet – zur Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften zur Verfügung.
Hinweis
Eine Verrechnung mit dem Gewinn aus der Veräußerung des Oldtimers im Jahr 2015 ist nicht möglich, da der Verlustrücktrag per Gesetz nur in das unmittelbare Vorjahr des Jahres, in dem der Verlust entsteht, möglich ist.
Zusammenveranlagte Ehe-/Lebenspartner
Werden Ehe- oder Lebenspartner zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, können Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften des einen mit im selben Jahr erwirtschafteten Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften des anderen ausgeglichen werden. Sofern allerdings dieser Gewinn weniger als 600 € beträgt, erfolgt keine Verrechnung und der Verlust kann in voller Höhe zurück- oder vorgetragen werden.
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Beachten Sie bitte den Rechtsstand dieses Textes: Januar 2019.
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